3/10/2008

Dame im Schwimmbad


















Zum Ende des Jahres 2006 beschloss ich sportlicher zu werden und begab mich immerhin ein mal in das Schwimmbad des Darmstädter Hofzentrums. Ganz am Rande: Dieses Bad ist zu voll, um das Schwimmen wirklich zu genießen. Für die Schließfächer braucht man ein 2-Euro Stück. Unvorbereitet wie ich war blieb mir nichts weiter übrig, als eine ältere Dame, die gerade ihre Schwimmrunden beendet hatte, zu fragen, ob sie mir Geld "wechseln" könnte. Ich hatte nicht einmal 2 Euro klein. Trotz der Peinlichkeit kamen wir ins Gespräch. Ich sei ja Studentin, und da sei es nicht weiter schlimm. Sie schenkte mir 60 Cent und ihre Visitenkarte. Nachdem die Dame nämlich erfahren hatte, dass ich Sinologie studierte, fiel ihr ein, dass sie eine interessante wissenschaftliche Arbeit aus den 30ern zu Hause hatte. Wir blieben also in Kontakt und ich ging sie wenige Wochen später besuchen. Sie ging auf die 90 zu, war aber sehr aktiv. Wie ich erfuhr unterstützte sie mit einem Teil ihres Herzen die lokale Politik, und mit dem anderen Teil arbeitete sie ihre eigene Geschichte auf. Dabei deckte sie viel Verborgenes auf und unterstützte eine Ausstellung über einen der unzähligen Aktivisten im 2. Weltkrieg. Eine sehr bewundernswerte Arbeit!
Das Wohnzimmer von Frau M. weckte tieferes Interesse in mir. An den Wänden und in den Regalen waren wahre Schätze der Japanischen und Tibetsichen Kunst aus der 1. Hälfte des 20.Jahrhunderts. Wie sie dazu kam?
Hier kommt der beeindruckendste Teil.
Als sie jung war leistete sie viel Entwicklungsarbeit, wozu sie durch ihren verstorbenen Mann gekommen war. Und schon in den 30er und 40er Jahren lebte sie in Japan. Sie reiste alleine durch Indien und begegnete dem Leben voller Offenheit. Zum ersten Mal bekam ich ein Gefühl für die damalige Zeit. Es waren nicht so viele Menschen im Ausland tätig wie heute, und so traf man außer Landes eine elitäre Gruppe der damaligen Gesellschaft, die ihre "Mitglieder" unterstütze. Eine sehr aufregende Zeit - voller Umbrüche!

Ich bin beeindruckt, dass es schon zu so frühen Zeiten Frauen gab, die ihr Leben in die Hand genommen haben, die alleine durch die Welt gingen. Da fragt man sich: Wovor habe ich heute eigentlich Angst?

Leider hielt der Kontakt mit jener Dame nicht. Sie hatte mich zu schnell zu tief in ihr Herz geschlossen und wollte mir ihre Kunstsammlung vermachen. Ich habe leider keine Zeit um mich intensiv um neue Freundschaften zu kümmern. Mein Leben ist zu kompliziert und zu überfüllt. Dennoch hoffe ich, dass die liebe Frau M. weiterhin glücklich lebt und aktiv ist.

1 Kommentar:

traumstreuner hat gesagt…

um ein wenig die ordnung zu halten, noch zwei, drei zeilen zur dame im schwimmbad...

ich glaube, es ist der letzte absatz, der mich ein wenig (ver)stört, warum hattest du angst, dich weiter mit dir im spiegel ihres herzens auseinanderzusetzen? - warum leerst und entknotest du dein leben nicht ein wenig (seine dichte läßt ja erahnen jenes profil bei xing...)? - traurig geradezu fand ich den satz mit der fehlenden zeit. - manchmal glaube ich, die welt kennt nur noch menschen, denen die grauen männer die stundenblumen gestohlen haben. - vielleicht sollte traumstreuner sich in momo umbenennen...